Stuttgarter Nachrichten: 27.03.2018
Mit seinem Kollektiv blickt der Musiker Daniel Kartmann auf 20 Jahre Bühnenkarriere in Stuttgart zurück. Am Freitag, 30. März, präsentiert er mit Musikern aus vier Bands im Rahmen der 31. Internationalen Jazztage im Theaterhaus sein Programm „Sylva“.
Stuttgarter Norden - Zwanzig Jahre in Stuttgart seien zwar noch kein Grund für große Elogen, sagt Daniel Kartmann, das Bedürfnis, seine Bühnenkarriere Revue passieren zu lassen, hat der Musiker dennoch verspürt. „Ich kann auf eine schöne und erfolgreiche Zeit zurückblicken“, sagt er. Mit Erfolg meint Kartmann, die Möglichkeit zu haben, trotz aller Schwierigkeiten das zu machen, was er machen möchte. Und das ist Musik jenseits des Mainstreams. Am Freitag, 30. März, versammelt er um 20 Uhr seine musikalischen Weggefährtinnen und Weggefährten aus zwei Jahrzehnten als Kartmann-Kollektiv im Rahmen der 31. Internationalen Jazztage im Theaterhaus.
Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren kam Daniel Kartmann am 1. April 1998 aus der Nähe von Hermannstadt, Siebenbürgen, nach Stuttgart, um an der Musikhochschule klassische Musik zu studieren. „Ich habe den Wald hinter mir gelassen, um wieder im Wald zu landen“, sagt er rückblickend. Transsilvanien, wie Siebenbürgen einst hieß, bedeutet übersetzt „jenseits des Waldes“. Stuttgart habe da deutliche Parallelen. „Es ist ein ständiger Kampf ums Überleben“, sagt Kartmann, dem der Wald als Metapher für das Leben dient. „Der Wald kann Schutz bieten, aber auch Gefahren bergen. Ich habe hier beides erfahren.“ In Stuttgart hat der vierfache Vater eine Familie gegründet, doch in Stuttgart wurde er auch verletzt – durch einen Wasserwerfer am sogenannten „Schwarzen Donnerstag“.
Und so lag es auf der Hand seinen Konzertabend „Sylva“, also Wald, zu nennen. Das gleichnamige Stück werden die Musiker der vier Bands, die an diesem Abend von Kartmann zu einem Kollektiv vereint werden, gemeinsam interpretieren.
Gesellschaftliche Themen hörbar machen
„Mit meinen 20 Jahren bin ich noch ein zartes Pflänzchen“, sagt Kartmann. Andere feiern weitaus höhere Bühnenjubiläen. Doch in den zwei Jahrzehnten, die der Schlagzeuger, Vibrafonist und Percussionist, Oboist, Sänger und Schauspieler in der schwäbischen Landeshauptstadt nun schon lebt, hat er bereits zahlreiche Weggefährten um sich versammeln können. Dazu gehören das Stuttgarter Hip-Hop-Urgestein und Spoken-Word-Künstler Matthias Bach, der Saxofonist Ekkehard Rössle, ebenso wie die Jazz-Sängerin Lisa Tuyala, der Indie-Musiker Daniel Vujanic oder der Jazzmusiker Joel Locher. Jazzfans sind Kartmanns Bands Tuyala, Portosol, Nikotrio oder Suedheim ein Begriff, ebenso wie seine seit 2007 stattfindende öffentliche Musikwerkstatt und Veranstaltungsreihe „Danopticum“ im Jazzclub Kiste.
Geht es um die musikalische Genrezuordnung, dann sei Jazz nicht die adäquate Bezeichnung. „Alle Musiker, die Jazz machen, sagen, sie machen keinen Jazz“, sagt Kartmann. Jazz sei in die Jahre gekommen, salonfähig geworden. „Die ursprüngliche Kraft als Protestmusik hat sich aufgelöst“, konstatiert er. Ihn aber interessiere eben diese ursprüngliche Kraft, die es ermögliche, gesellschaftliche Themen hörbar zu machen. „Unser Abend ist von Jazz geprägt, hat aber auch viele Einflüsse aus der Lyrik oder dem Rock“, sagt er. Mehr Bob Dylan als klassischer Jazz also.
Kartmann, der ursprünglich Jazz studieren und die Klassik einst als Vorbereitung für das Jazzstudium nutzen wollte, sagt, er habe die klassische Welt aufgesogen. „Ich merkte, es ist Schwachsinn, das zu trennen. Ich weiß nicht, wer diese Mauern aufrecht erhält“, sagt er heute. Bei seinem Konzertabend soll es keine Trennung geben. Die Zuschauer sollen einfach 75 Minuten in eine Klangwelt abtauchen können.
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